Es sind noch gut 14 Monate bis zur nächsten Präsidentschaftswahl in den USA. Doch der Wahlkampf ist schon im vollen Gange. Die Republikaner hatten bereits ihre erste Debatte unter den KandidatInnen, die für die Republikaner ins Rennen um das Weiße Haus gehen wollen. Alle Kandidaten waren allerdings nicht dabei: Trump entschied sich gegen eine Teilnahme, weil er so klar in Führung liegt und stellte deshalb zeitgleich zur Debatte der Republikaner den Fragen von Tucker Carlson auf Twitter/X. Ein Affront gegenüber der Republikanischen Partei, aber das dürfte diese ja inzwischen gewohnt sein. Blickt man auf die momentanen Umfragen, dann bahnt sich im kommenden Jahr erneut das Duell Biden gegen Trump an, zum zweiten Mal nach 2020 und schon hört man die üblichen Prognosen: eine Kopf and Kopf Rennen bahnt sich an, in nationalen Umfragen liegen beide gleich auf, manche sehen Trump leicht im Vorteil, andere dagegen Biden. Alles schön und gut, nationale Umfragen sagen uns aber rein gar nichts über den Ausgang der kommenden Präsidentschaftswahl. Den genau genommen finden in den USA nicht nur eine Präsidentschaftswahl statt, sondern 51: in allen 50 Einzelstaaten und auch in D.C., der Hauptstadt der USA. Jeder Staat entsendet eine bestimmte Anzahl von Wählmänner und -frauen ins Electoral College (insgesamt 538) und es braucht eine Mehrheit von 270 Stimmen, um ins Weiße Haus einzuziehen. Die meisten Staaten operieren hierbei nach dem Winner-Take-All-Prinzip, soll heißen: wer die meisten Stimmen hat, der bekommt alle Stimmen fürs Electoral College in diesem Staat.
Und so erklärt sich auch, warum Hillary Clinton 2016 zwar die meisten Stimmen von den Wählern bekam, aber Donald Trump trotzdem ins Weiße Haus einzogen konnte. Eben weil er mehr Stimmen im Electoral College hatte. Warum also auf nationale Umfragen schauen? Das sagt nur bedingt was über die Wahlchancen aus. Werfen wir also einen Blick auf die Situation in den Staaten und was dies uns über die kommenden Wahlen sagen kann. Beide Parteien und damit auch die zur Wahl stehenden KandidatInnen haben regionale Hochburgen, also Staaten, in denen die eine oder andere Partei sicher bei den Wahlen gewinnen wird. Für die Demokraten ist dies beispielsweise Kalifornien mit 54 Stimmen im Electoral College. Das ist eine feste Bank, darauf können die Demokraten bauen. Die Republikaner dagegen sind besonders stark in Kansas, Kentucky und Louisiana. Blickt man auf Umfragen in den Staaten momentan und berücksichtigt auch die jeweiligen Hochburgen, dann kommt Biden momentan auf sichere 218 Stimmen im Electoral College und Trump auf 214. Keine klare Mehrheit für keinen Kandidaten also. Bleiben 106 Stimmen im Electoral College, um die bei der nächsten Wahl gekämpft werden muss. Und dieses Stimmen kommen aus den Staaten Arizona, Georgia, Michigan, Minnesota, Nevada, North Carolina, Pennsylvania und Virginia, die sogenannten Battleground States, weil hier entschieden wird, wer im kommenden Jahr ins Weiße Haus einzieht. Hier liegen momentan in Umfragen beide Kandidaten nur im Bereich der Fehlergrenze der Umfragen, also liegen die beiden Kandidaten weniger als 5 Prozentpunkte auseinander. Momentan mit leichten Vorteilen für Trump in Arizona, Georgia und für Biden in Michigan, Minnesota und Pennsylvania. Rechnet man diese leichten Vorteile in die Kalkulation ein, dann liegt Biden bei 264 Stimmen und Trump bei 241. Biden fehlen also noch 6 Stimmen, um als Sieger aus der Wahl zu gehen: in Nevada sind 6 Stimmen zu vergeben, in North Carolina 15 und in Virginia 13. Ein Sieg in einem dieser Staaten würde Biden bereits den Wahlsieg sichern. Trump hingegen braucht noch 29 Stimmen zum Sieg und das heißt, er muss all drei Staaten gewinnen, um ins Weiße Haus einzuziehen. Der arithmetische Weg sieht also unter Berücksichtig des vergangenen Wahlergebnisses und der momentanen Umfragen in den Einzelstaaten etwas besser für Biden aus.
In den kommenden Monaten macht es also wenig Sinn, sich von nationalen Umfragen verwirren zu lassen. Es ist wichtig, was in Arizona, Georgia, Michigan, Minnesota, Nevada, North Carolina, Pennsylvania und Virginia passiert. Besonders brisant: In Georgia ist Donald Trump wegen einer möglichen Einflussnahme in die letzten Präsidentschaftswahlen angeklagt. Hier bleibt abzuwarten, wie sich das auf seine Unterstützung in der Wählerschaft auswirkt. Seine treuen AnhängerInnen wird das nicht stören, jüngste Umfragen zeigen allerdings, dass Trump bei den „Indepedents“, also jenen WählerInnen, die sich keiner der beiden Parteien zuordnen, an Zustimmung verliert. Die Momentaufnahme unter Berücksichtigung der Logik des Electoral Colleges sieht also gar nicht so schlecht für Biden aus, allerdings sind 14 Monate eine lange Zeit und da kann gerade in den USA noch viele passieren.
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