Die Normalisierung der Ausnahme

Nach dem Attentat auf Donald Trump haben zahlreiche Politiker der Republikaner Präsident Biden dafür verantwortlich gemacht; entweder direkt oder vermittelt über eine radikale Rhetorik, die in politische Gewalt münde. Und in den Medien wird dies inzwischen auch wiederholt. Ist unser politischer Diskurs zu radikalisiert? Momentan mal! Inzwischen akzeptiert man zu schnell das Argument: beide Seiten sind hier verantwortlich. Es sind und waren die Republikaner und Trump, die die Medien als Feinde des Volkes, Politiker und Flüchtlinge als Ungeziefer bezeichnet haben und von einem Blutbad sprechen, sollte Trump bei den nächsten Wahlen erneut verlieren. Dies ist ein komplett anderer Diskurs als bei den Demokratischen Eliten und Biden, wenn hier Präsident Trump aufgrund seiner Vorhaben (siehe Project 2025) als potenzieller Diktator und eine Gefahr für die Demokratie bezeichnet wird. Das ist noch im Bereich des normalen politischen Diskurses, hier findet keine Dehumanisierung des politischen Gegners oder anderer Bevölkerungsgruppen statt, wie wir dies in der Rhetorik Trumps immer wieder finden. Bei den Republikanern ist eine solche Rhetorik inzwischen „normal“ und Mainstream. Bei den Demokraten eben nicht oder nur die ausdrückliche Ausnahme. Hier muss ganz klar von einer asymmetrischen Radikalisierung des politischen Diskurses gesprochen werden.

Und gleiches gilt auch die ideologische Verortung der beiden Parteien. Hier zeigen empirische Analysen namhafter US-amerikanischer Politikwissenschaftler, dass die Republikaner ideologisch weit mehr nach „rechts“ gerückt sind, als die Demokraten nach „links“.  In einigen Segmenten lassen sich die ideologischen Positionen der MAGA-Vertreter im Kongress gar nicht mehr diesem Spektrum verorten, weil sie den demokratischen Konsens verlassen haben.

Es ist den Republikaner allerdings gelungen, den Diskurs dahin zu verschieben, dass beide Seiten auch in den Medien gleichermaßen für dieses Polarisierung und Radikalisierung verantwortlich gemacht werden. Aber das entspricht nicht der Realität und das muss deutlich gesagt werden. Es ist das rechte politische Spektrum und das damit zusammenhängende Mediennetzwerk, das zentrale Grundpfeiler der Demokratie und des Rechtsstaats in Frage stellt. Etwas ähnliches finden wir nicht im linken politischen Spektrum. Was hier von den Republikanern als marxistisch oder sozialistisch diffamiert wird, ginge in Deutschland als gemäßigt sozialdemokratisch durch. Seit Bat Buchannan und Newt Gingrich in den 1980er und 1990er Jahren ist die politische Radikalisierung eine bewusste politische Strategie, um die eigenen Wähler zu mobilisieren. Und die rechten Medien verstärken dies maßgeblich. Wenn man dies nicht versteht, dann kann man auch über keine Lösungen des Problems sprechen. Es sind die Rechten, die momentan eine Fundamental-Attacke auf das System der Gewaltenkontrolle in den USA fahren. Sie wollen die Exekutive in Form des Präsidenten massiv stärken. Die Verwaltung soll massiv abgebaut und loyal auf den Präsidenten zugeschnitten werden. Zudem soll der Einfluss des Präsidenten auf die Judikative massiv ausgebaut werden und auch die Unabhängigkeit der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden soll beseitigt werden.  Das läuft konträr zur bisherigen politischen Tradition in den USA und auch zu den Ideen der Verfassungsväter. Eins solchen Diskurs durch „Othering“ und „Bothsidesing“ zu verharmlosen ist eine Gefahr und die Medien sollten dies auch als solches benennen.

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